79: Drinnen ist's warm
Wenn es draußen so kalt ist, dass die Weichenbesen ausgepackt werden, dann möchte man es in den Zügen drinnen natürlich mollig warm haben. Bei der Frage, welche Temperatur damit gemeint ist, scheiden sich leider wie so oft, wenn es um das Raumklima in der Eisenbahn geht, die Geister. Wie im Sommer bei der Klimatisierung scheint es zur idealen Einstellung der Heizung mindestens genauso viele Meinungen wie Fahrgäste zu geben, und klar scheint nur eins, nämlich dass für das Publikum zugängliche Heizungsregler, wie man sie in älterem Rollmaterial noch findet, grundsätzlich so eingestellt sind, dass die größte Anzahl Anwesender daran Anstoß nimmt.
Aber darum soll es hier gar nicht gehen, sondern um die technische Grundlage des Heizens von Zügen überhaupt. Wie wird es denn warm im Zug?
Das ist gar keine so triviale Sache. Die Zeit koksgefeuerter Öfen in jedem Wagen ist zumindest im ehemaligen Ostblock noch nicht so lange vorbei (siehe Bild). Ich erinnere mich auch, dass 2005 in unserem chinesischen Zug zumindest ab und zu ein Feuerchen im Heizofen, der das komplizierte und an der Wand in Diagrammen dargestellte Heißwassersystem des - natürlich DDR-gefertigten - Schlafwagens speiste, brannte. Zentralgeheizte Züge in Deutschland gibt es zwar schon seit mindestens 130-140 Jahren, damals und noch bis in die 1980er hinein funktionierte das mit Dampf, der durch (gerne auch mal lecke) Schlauchkupplungen von Wagen zu Wagen weitergereicht wurde. Am stilechtesten kam der Heizdampf natürlich von einer Dampflokomotive, es sind aber auch andere Loks oder eigene Wagen mit speziellen Heizdampfkesseln ausgestattet worden.
Irgendwann beschloss man dann den Übergang zum elektrischen Strom. Heutzutage ist der Standard eine UIC-weit genormte elektrische Leitung, die auf den kernig-elektroingenieursmäßigen Namen »Zugsammelschiene« hört und, abhängig von der Provenienz des eingespeisten Stroms, entweder 1000 Volt Wechselstrom oder Gleichstrom mit Oberleitungsspannung führt. Diese Leitung ist es auch, auf die hingewiesen wird, wenn an einem abgestellten Zug das Schild »Zugsammelschiene führt Spannung« hängt - dann ist der nämlich am anderen Ende an eine sogenannte Zugvorheizanlage angeschlossen, die ihm Heizstrom einspeist, damit er über Nacht oder bei sonstigen längeren Abstellzeiten nicht auskühlt oder gar einfriert. Ein Zug braucht eben ein bisschen länger zum Warmwerden als ein Auto, da reichen fünf Minuten nicht.
Mit dem Strom aus der Sammelschiene werden dann die Heizkörper gespeist, aber auch Klimaanlage, Batterieladegerät, Laptop-Steckdosen und alles mögliche andere.
Bei Dieseltriebwagen läuft es übrigens etwas anders. Dieselloks heizen ihre Züge zwar auch elektrisch, gerne mit Hilfe eines speziellen Heizgenerators, aber beim Triebzug wäre es Treibstoffverschwendung, Energie aus dem Dieselöl erst in elektrischen Strom und dann wieder in Wärme umzuwandeln. Statt dessen wird mit einem Warmwasserkreislauf aus der Motorabwärme geheizt, gegebenenfalls unterstützt von einem ölgefeuerten Zuheizer. Daher haben die meisten Dieseltriebwagen zwei Tanks - einen für Fahrdiesel, einen für Heizöl. Und daher kann man in manchen Nahverkehrsfahrzeugen (gerne auf den Toiletten) Heizkörper finden, die aussehen, als hätte man sie im nächsten Baumarkt gekauft.
Bild: Giorgio Monteforti (»covilha«) bei Flickr (Details und Lizenz)
1 Kommentar:
Interessanterweise kommt bei Dieseltriebwagen der Sprit sowohl für Antrieb, als auch für Heizung aus der gleichen Zapfpistole - nur eben in verschiedene Tanks. Warum? Weil Heizöl anders besteuert wird, als Dieselkraftstoff.
Kommentar veröffentlichen