Donnerstag, 2. August 2007

21: Maulwürfe

Statt geplanter schaue ich mir heute laufende Bauvorhaben an - was sind die größten Eisenbahnprojekte, an denen zur Zeit gearbeitet wird?

  • Platz 10: Der gerade anlaufende, auf etwa zehn Jahre angelegte Totalumbau von Berlin Ostkreuz (siehe Prellblog 2), ca. 411 Mio. Euro.
  • Platz 9: Der viergleisige Ausbau Augsburg-München, 1998-ca. 2010; ein Gleispaar wird Güter- und Nahverkehr bis 160 km/h, ein zweites Fernverkehr bis 230 km/h aufnehmen, ca. 556 Mio. Euro.
  • Platz 8: Der Ausbau Berlin Ostbahnhof - Frankfurt/Oder zur elektrifizierten Hauptbahn für 160 km/h seit 1997, neue Brücke nach Polen inklusive, Fertigstellung geplant 2013, ca. 565 Mio. Euro.
  • Platz 7: Die gerade begonnene Anbindung des neuen Berliner Flughafens, der als »Eisenbahnflughafen« einen Tunnelbahnhof zu vier Fernbahn- und zwei S-Bahn-Gleisen erhält, Fertigstellung versprochen 2010, ca. 596 Mio. Euro.
  • Platz 6: Der Totalumbau des Knotens Halle/Leipzig mit Untertunnelung der Leipziger Innenstadt, 2001 - ca. 2010, ca. 700 Mio. Euro.
  • Platz 5: Der Ausbau Lübeck-Stralsund zur elektrifizierten Hauptbahn für 160 km/h - begonnen 1994, so gut wie fertig, ca. 800 Mio. Euro.
  • Platz 4: Der Ausbau Leipzig-Dresden mit neuen S-Bahn-Gleisen und Streckenhöchstgeschwindigkeiten bis 200 km/h, 1993 - ca. 2010, ca. 1,4 Mrd. Euro.
  • Platz 3: Die Neubaustrecke Erfurt-Halle/Leipzig, 1998 - ca. 2015, ca. 2,7 Mrd. Euro.
  • Platz 2: Der Ausbau der Rheintalbahn Karlsruhe-Basel auf vier Gleise, davon zwei für den Nah- und Güterverkehr bis 160 km/h und zwei für den schnellen Fernverkehr bis 250 km/h, 2002-nach 2016, ca. 4,3 Mrd. Euro (siehe Prellblog 34).
  • Platz 1 gehört unangefochten der Neu- und Ausbaustrecke Nürnberg-Erfurt durch den Thüringer Wald. Baubeginn war 1996, fertig wird sie vielleicht 2016 für ca. 5,1 Mrd. Euro.
Was kann man aus dieser Liste von Bauprojekten zum Gesamtpreis von über 16 Milliarden ersehen? Zunächst, dass das Beitrittsgebiet noch lange nicht saniert ist. Zwei Projekte für fast 1,4 Mrd. Euro befassen sich nur mit dem Ausbau ostdeutscher Strecken auf den unspannenden Hauptstreckenstandard von 160 km/h.
Entsprechend ist der Knoten Berlin auch nach Fertigstellung einiger Megaprojekte immer noch finanziell unersättlich, frisst er allein für Ostkreuz und Flughafenbahnhof doch noch einmal mindestens eine Milliarde. Ohnehin machen Knoteninvestitionen einen erheblichen Teil des Volumens aus, wohl über ein Drittel, wenn man berücksichtigt, dass praktisch alle großen Streckenbauten auch Knotenmaßnahmen einschließen.
Sachsen bestätigt seine historische Stellung als Eisenbahn-Kernland Deutschlands: Gleich drei der Großprojekte tangieren Leipzig, mit Investitionen von 4,8 Mrd. Euro.
Alle verbleibenden Bauten stellen zumindest teilweise auf stark befahrenen Strecken Viergleisigkeit her, was der klassische Fall für richtig teure Ausbauten ist, und untertunneln problematische Mittelgebirgsmassive.

Trotzdem ist vorstellbar, welches Alpdrücken alle Beteiligten empfinden müssen angesichts des Streckenzugs Nürnberg-Halle/Leipzig, der allein knapp die Hälfte des genannten Investitionsvolumens umfasst. Man mag sich damit trösten, dass der Flughafen- und Messebahnhof Leipzig, ein Güterzugtunnel Nürnberg-Fürth, etwa 45 Kilometer S-Bahn, die Einschleifung von Coburg, der Regionalbahnhof Ilmenau und ein nagelneuer Erfurter Hauptbahnhof allesamt irgendwie mit zu diesem Projekt gehören, aber zumindest mir bleibt ein metallischer Beigeschmack im Mund.

Bild: Eigene Aufnahme

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da ich ja in der Nähe wohne habe ich mit Erfurt-Nürnberg viel zu tun.

Der Erfurter Hauptbahnhof ist seit 2 Jahren die selbe romantische Baustelle, die Strecke durch den Thrüinger Wald wäre schon fertig, wäre da nicht die Bräsigkeit der thrüinger Landesregierung gewesen. Eigentlich ist es nur bitter, daß Politik sich dem Fortschritt verschließt.

mawa hat gesagt…

Naja, mittlerweile ist ja genügend Geld in die Hand genommen worden und es werden jetzt alle paar Wochen Baulose vergeben. Okay, das hätte man alles schon vor acht Jahren haben können, aber besser spät als nie.
In Erfurt ist übrigens die erste Hauptbaustufe des neuen Bahnhofs fertig, da tut sich also durchaus einiges.

Anonym hat gesagt…

Was ist eigentlich an Erfurt so wichtig, dass die Hochgeschwindigkeitsstrecke einen derartigen Umweg nehmen muss? Legt man keinen Wert auf dem Aufwand angemessene Fahrzeitverkürzungen? Zwischen Berlin und München über Nürnberg zu fahren, macht ja noch Sinn, aber gehen durch Zeitverlust und Mehrkosten nicht mehr Fahrgäste verloren, als in Erfurt zusteigen?

mawa hat gesagt…

Ich bin kein Verkehrsplaner, aber allein schon der Anschlüsse in und aus Richtung Frankfurt und Kassel wegen scheint mir Erfurt gar keine so schlechte Idee. Erfahrungsgemäß sind Landeshauptstädte außerdem starke Verkehrsbringer.

Anonym hat gesagt…

Äußerst interessant fände ich ein Update dieser Liste.

mawa hat gesagt…

Hat es bereits gegeben.