Mittwoch, 24. Juni 2009

98: Unbegrenzte Möglichkeiten

Bekanntlich (siehe Prellblog 60) wird in Rheinland-Pfalz reaktiviert und ausgebaut was das Zeug hält, aber die letzten Neuigkeiten haben auch mich überrascht: Zusätzlich zur sich allmählich konkretisierenden Wiederinbetriebnahme der Hunsrückquerbahn von Langenlonsheim zum Flughafen Hahn soll jetzt zu 2014 auch auf der Eifelquerbahn auf voller Länge von Andernach bis Gerolstein wieder der reguläre Nahverkehr rollen, dazu kommt wahrscheinlich auch die Reaktivierung der Zellertalbahn Monsheim-Langmeil als Teilstück einer neuen Direktverbindung Kaiserslautern-Worms und des rheinland-pfälzischen Teils der Aartalbahn von Zollhaus nach Diez. (Man darf die Daumen drücken, dass es auch für den hessischen Teil ein gutes Ende geben wird!)
Als jemand, der in der tiefsten pfälzischen Provinz aufgewachsen ist und sich immer wieder gefragt hat, warum so viel totes Gleis in diesem Land umherliegt, bin ich geradezu kindlich begeistert von diesen Plänen.

Aber es gehen noch ganz andere Sachen.
Am 10. Juni wurde im Raum Aachen eine zweieinhalb Kilometer lange, nagelneue Nebenbahnstrecke mit einer kleinen Brücke und einem kleinen Tunnel eröffnet. Das klingt unspektakulär, aber so etwas hat es im ganzen Bundesland Nordrhein-Westfalen seit über vierzig Jahren nicht gegeben.
Die Strecke verläuft von Eschweiler-Weisweiler nach Langerwehe und bindet dort mit einem eigenen Bahnsteig den im Rahmen des Euregiobahn-Systems reaktivierten Teil einer dort parallel zur Hauptstrecke Düren-Aachen verlaufenden alten Nebenbahn an diese Hauptstrecke an. Damit ist es jetzt möglich, mit der Bahn aus Eschweiler nach Westen zu fahren, ohne den Umweg über Stolberg zu nehmen. Demnächst sollen sogar durchgehende Züge bis Düren verkehren. Gar keine schlechte Sache, und wenn ich daran denke, dass ich vor einigen Jahren den Neubau von Eisenbahn-Nahverkehrsstrecken als ein politisches Fernziel und nicht als konkrete Handlungsanweisung betrachtet habe, muss ich sagen, dass mich die Realität überholt hat.

Und Freiburg im Breisgau setzt noch einen drauf:
Um die Stadt herum wird bekanntlich ein Regionalbahnsystem betrieben, das sich teilweise »S-Bahn« nennt, aber nicht wirklich eine ist (vgl. Prellblog 56), unter anderem wegen des Dieselbetriebs. Der zuständige Zweckverband hat nun eben mal so einstimmig beschlossen, das gesamte Netz bis 2018 für eine trockene Viertelmilliarde Euro zu elektrifizieren und als integriertes S-Bahn-Netz im Wettbewerb an einen einzigen Betreiber zu vergeben.

Die Neuigkeit, dass es in Berlin eventuell doch wieder eine S-Bahn auf der alten Stammbahntrasse geben soll, geht da fast unter. Das deutsche Bahnwesen beglückt einen derzeit mit Nachrichten, wie man sie in den 1980er Jahren allerhöchstens in Zukunftsszenarien alternativer Verkehrspolitiker gesehen hat, selbst wenn man unberücksichtigt lässt, dass die Straßenbahnnetze nahezu ausnahmslos expandieren.
Auf derselben Nahetalbahnstrecke, auf der demnächst von Türkismühle bis Neubrücke die Elektrifizierung verlängert wird, durfte ich übrigens neulich wieder das wie üblich um das Wort »Börsengang« herumgruppierte Genörgel von ein paar Leuten, die sich ansonsten über Modellbahnen unterhielten, anhören. Mindestens einer hatte denn auch tatsächlich einen Stoffbeutel dabei.

Bild: »Kecko« bei Flickr (Details und Lizenz)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wofür war nochmal der stoffbeutel?

mawa hat gesagt…

Der Stoffbeutel gehört, genau wie Digitalspiegelreflex, Warnweste, Lokführerrucksack, Heizermütze, und, wie böse Zungen behaupten, ein gewisser deutlicher Körpergeruch, zum klischeegemäßen Inventar des »Eisenbahnfreunds« (auch »Schrat« genannt). :)