Sonntag, 2. November 2008

71: Banana.

Am 24. Oktober wurde mit dem Spatenstich zu Umbaumaßnahmen im Eisenbahnknoten Hamm sowie in den Gleisanlagen des Hafens Duisburg offiziell die Umsetzung des »Sofortprogramms Schiene Seehafen-Hinterland-Verkehr« begonnen. Die Idee ist es, die Kapazitäten der aus allen Nähten platzenden Eisenbahnanbindungen der Seehäfen nach Süden zu steigern. Insgesamt sind dabei 24 Maßnahmen für insgesamt 305 Millionen Euro geplant, von denen die DB etwa 50 Millionen selbst trägt.
Das Sofortprogramm ist ein Kind des »Masterplans Logistik« und damit des Jahres 2007. Verkehrsplanung hat sich hier für ihre Verhältnisse geradezu phänomenal schnell abgespielt. Es sollen zusätzliche Gleise entstehen, mehr Weichenverbindungen, mehr kreuzungsfreie Einfädelungen, längere Überholbahnhöfe und was es dergleichen noch alles gibt.

Das Problem, dass der Güterverkehr sich nach wie vor durch einige Flaschenhälse zwängen muss, ist damit allerdings nicht behoben, nur gelindert. Wirklich große Kapazitätserweiterungen kann es nur geben, wenn die Knoten auch umfahren werden können, und dazu braucht es neue Strecken. Die so genannte Y-Trasse von Hannover nach Hamburg und Bremen steht im Fokus der Aufmerksamkeit, allerdings wird sie kaum Güterverkehr aufnehmen; wie zum Beispiel die Neubaustrecke Köln-Frankfurt auch wird sie einen Effekt auf den Güterverkehr hauptsächlich dadurch haben, dass der Schnellverkehr von den Altstrecken heruntergenommen wird.
Auf diesen Altstrecken, die durch die Knoten (und damit meistens durch dicht besiedelte Ballungsräume) führen, möchte man aber eigentlich eher nicht noch mehr Güterzüge auf die freiwerdenden Trassenplätze setzen, sondern mehr Nahverkehr. Auch ist die Logik, die vor allem nachts fahrenden und sehr lauten Güterverkehre mitten durch Städte, die Schnellzüge aber außen herum zu leiten, nicht gerade bestechend.
Am Isteiner Klotz, wo in einigen Jahren der Katzenbergtunnel eröffnet werden soll (siehe Prellblog 34), befürchtet man bereits jetzt eine Unterdimensionierung der Anbindungen, die zusätzliche S-Bahn-Verkehre unmöglich macht und die Situation zementiert, dass Güterzüge über die Altstrecke geleitet werden müssen. In Niedersachsen rechnet man mit ähnlichen Problemen.

Was also her muss, sind Güterzugumfahrungen, wie sie einige Städte schon haben; Strecken, die den Verkehr um die Städte lenken statt durch sie hindurch, so dass keine Güterzüge mehr durch hoch belastete Stadtbahnhöfe gefädelt werden müssen. Dabei wird dann nur einiges doppelt gemoppelt: So wird die Y-Trasse es eventuell mittelfristig erforderlich machen, eine teure neue Umfahrung von Hannover zu bauen - ein Grund mehr für viele KritikerInnen, das Projekt in Gänze abzulehnen und statt dessen mehr oder minder präzis formulierte Ausbaupläne für das bereits vorhandene niedersächsische Schienennetz, die Strecken nichtbundeseigener Eisenbahnen eingeschlossen. Nur hat der Bund qua Gesetz keinen Auftrag, sich um diese Strecken zu kümmern, und ob man so viel aus ihnen machen kann, wie man gerne hätte, steht weiter zur Debatte.
Man kann sich nur einer Sache sicher sein: Wie man an der Situation beim zaghaft angeplanten Güterbypass nördlich Basel erkennen kann - das erste, was entsteht, wenn irgend jemand irgendwo irgend ein Gleis verlegen will, ist eine Bürgerinitiative. Böse Zungen behaupten, das seien dann gerne dieselben Bürger, die massive Verlagerungen von Lkw-Verkehren auf die Schiene fordern; und noch bösere Zungen behaupten gar, sie täten das vor allem, um selber auf der Autobahn wieder zügig durchfahren zu können.

Der Titel dieses Artikels entstammt dem englischsprachigen Planungsjargon und ist eine Abkürzung für »Build absolutely nothing anywhere near anything«.

Bild: Uli Harder bei Flickr (Details und Lizenz)

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