53: Scheibchenweise
Nachdem es im letzten Prellblog darum ging, wie sichergestellt wird, dass auf eingleisigen Strecken keine Züge frontal zusammenprallen, möchte ich das Thema Sicherheit ein wenig vertiefen.
Ganz abstrakt gesprochen geht es bei der Bahnsicherheit immer darum, dass nichts die Begrenzungen des Raums, den Fahrzeuge beim Befahren von Strecken überstreichen, überquert. Dieser Raum hat den Querschnitt des sogenannten Lichtraumprofils, das über und neben dem Gleis freigehalten wird, und erstreckt sich immer von einem Startpunkt zu einem Zielpunkt.
Aus ihm soll nichts heraus: Der Zug darf nicht entgleisen und keinen falschen Weg einschlagen. In ihn darf auch nichts hinein: Weder von vorne noch von hinten noch von der Seite darf ein anderes Fahrzeug in den gesicherten Fahrweg einfahren, an Bahnübergängen darf kein Auto im Weg stehen, von Berghängen dürfen keine Felsbrocken aufs Gleis fallen und so weiter.
Gegen Entgleisen und Fehlleitungen wird der Zug gesichert, indem alle Weichen, die er befährt, korrekt gestellt und mechanisch verschlossen werden, und indem ihm mitgeteilt wird, was die Höchstgeschwindigkeit ist, die er fahren darf. Gegen das Einfahren anderer Züge wird der Fahrweg durch Signale geschützt und dadurch, dass Weichen, die einen Zug hineinleiten können, präventiv so gestellt werden, dass das mechanisch nicht geht. Es gibt sogar eigene, Schutzweichen genannte Weichen, die keinen anderen Zweck haben, als solcherart die Flanken eingestellter Fahrwege zu sichern. An Bahnübergängen gibt es Schranken oder Lichtsignalanlagen. Vor Steinschlag warnen spezielle Reißdrähte oder Kontaktzäune, wenn dies auch in Deutschland nicht sehr häufig ist.
All die Weichen und Signale sind dabei so miteinander verschaltet, dass es technisch unmöglich ist, einem Zug ein Fahrtsignal zu erteilen, für den dieser abstrakte, unverletzliche Korridor nicht hergestellt und gesichert wurde. Technisch realisiert wird dies heutzutage durch spezielle, redundant ausgelegte Computersysteme mit aufwändig zertifizierter und verifizierter Software, die durch ebenfalls aufwändig gesicherte Datenübertragungswege kommunizieren und die verschiedenen Signale, Weichenmotoren und Schrankenantriebe elektrisch steuern. Dabei wird der Vollzug jedes Steuerbefehls auf verschiedene Weise geprüft: Weichenantriebe melden zum Beispiel zurück, dass sie die Endlage erreicht haben; Signale sind technisch ausgerüstet um zu erkennen, wenn eine Lampe durchbrennt.
Da es natürlich eher umständlich und hinderlich wäre, den Fahrweg für einen ICE von Frankfurt nach Berlin während seiner gesamten Reise vollständig gegen das Befahren durch andere Züge zu sichern, sind die Strecken durch Signale in sogenannte Blöcke unterteilt. Der gesicherte Korridor reicht also nicht von Startbahnhof bis Zielbahnhof, sondern (vereinfacht gesagt) vom letzten roten Hauptsignal zum nächsten.
Da Züge nun ganz erhebliche Bremswege haben und es da ja noch diese Sache mit der Geschwindigkeit gibt, reichen so ein paar rote und grüne »Ampeln« längst nicht aus. Darum, wie das Signalsystem so funktioniert, wird es in einer der nächsten Folgen des Prellblogs gehen.
Dies ist der zweite Teil einer losen Artikelserie zum Thema Leit- und Sicherheitstechnik.
Bild: Dave-F bei Flickr (Details und Lizenz)
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