18: Track sounds
Als zirka 200 Jahre altes Kulturphänomen hat die Eisenbahn natürlich auch Einfluss auf die Künste gehabt, und darum soll diese Kolumne sich heute nur mit Eisenbahnmusik beschäftigen.
Wenn man mal vom Volkslied Auf de schwäbsche Eisebahne und von Arthur Honeggers nachträglich nach einem Dampflokomotiventyp benannter Komposition Pacific 231 absieht, haben Bahnmotive ihre musikalische Heimat vor allem in Nordamerika, wo nicht die Industrialisierung eines Bestandes, sondern die industrielle Erschließung eines »unberührten« Raumes mit der Eisenbahn assoziiert ist. In Blues-Standards wie Midnight Special taucht der Zug (wie auch in verschiedenen Spirituals und Gospels) geradezu als heilsbringendes Symbol am Horizont auf, in This Hammer werden für einen Dollar am Tag Schwellennägel eingeschlagen, und eine ganze Boogie- und R&B-Stilistik arbeitet sich an dem Rhythmus ab, den vierachsige amerikanische Güterwagen auf gelaschten Gleisen produzieren. Der Midnight Train der Spencer Davis Group fährt damit genauso wie Meade Lux Lewis' Honky Tonk Train Blues (den gibt es auch in einer Version von Emerson, Lake & Palmer) oder so ziemlich alles von Johnny Cash und den Tennessee Three.
Gefahren wird in der Musik anscheinend grundsätzlich nachts, das gilt auch in Großbritannien: Ein Lied über das Ende der Bahnpost gibt es von Saxon mit Princess of the Night, und Ozzy Osbournes Crazy Train ist wohl auch eher im Nachteinsatz unterwegs. Der schottische Beitrag ist dann wohl oder übel Sheena Eastons Pendlerhymne Morning Train (Nine To Five), auch wenn man über deren künstlerischen Wert streiten kann. Wenn wir schon den Atlantik überquert haben, muss auch Trans Europa Express von Kraftwerk, das auf dem gleichnamigen Album den ersten Flügel eines Eisenbahn-Triptychons bildet, erwähnt werden; genauso elektronisch ist zum Beispiel auch Transrapid von Welle:Erdball, wo es aber eigentlich nicht mehr um die Eisenbahn geht. Nach Ansicht von Puristen müsste ja schon Duke Ellingtons langjährige Erkennungsmelodie Take The "A" Train auch dran glauben, da sie ihr Komponist Billy Strayhorn nach einer Linie der New Yorker U-Bahn benannt hat.
Und damit sind wir schon wieder in Amerika: Bei Ellington fahren eine ganze Menge Züge, darunter der Daybreak Express und der Happy-Go-Lucky Local, dessen hinterer Teil bei James Brown als Night Train unterwegs ist auf der Strecke Miami-Boston über Atlanta, Raleigh, Washington D.C., Richmond, Baltimore, Philadelphia und New York, es aber irgendwie dann noch nach New Orleans schafft, wo auch die Stammstrecke der Illinois Central endet, die man aus Long Train Runnin' von den Doobie Brothers kennen könnte. In einer Kleinstadt hinter Atlanta sollte dabei auf Gleis 29 Übergang bestehen auf Glenn Millers Chattanooga Choo Choo (komponiert von Mack Gordon und Harry Warren).
Zum Schluss noch ein persönlicher Favorit, auch wenn diesen inhaltlich rein gar nichts mit der Eisenbahn verbindet: Nachts durch beleuchtete Großstädte (ich empfehle Frankfurt) fährt es sich meiner Ansicht nach am besten zu Mammagamma vom Alan Parsons Project.
Bild: Wolfgang Staudt bei Flickr (Details und Lizenz)
1 Kommentar:
Nicht zu vergessen "Locomotive Breath", und woher der Name dieses Weihnachtsprojekts von Savatage kommt, brauch ich Dir wohl nicht zu erzählen. :-)
Bei "White Room" von Cream werden Züge zumindest erwähnt.
Gruß Erik
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