143: Erneute Zusammenstöße
Die letzte Woche (Prellblog 142) besprochene Flut von Eisenbahnnachrichten hört nicht auf: Ab morgen 3 Uhr früh soll im deutschen Schienenverkehr gestreikt werden. Diese Art von Erlebnis ist den Deutschen ja seit 2007 nicht mehr ganz fremd, und es dürfte diesmal auch weniger Gerichtsbrimborium, Zwistigkeiten zwischen Gewerkschaften und ähnliche pittoreske Dekorationselemente geben. Mithin ist zu erwarten, dass sich der Streik relativ schnell erledigen könnte.
Anders als vor drei Jahren geht der Streik diesmal nicht in erster Linie vom Führerstand aus, sondern vom Strecken- und Servicepersonal, da die Fahrpersonalgewerkschaft GdL diesmal nicht aufruft. Das Ergebnis wird aber bei hinreichender Beteiligung kein anderes sein: Ohne Hand am Zugkraftsteller kommt ein Zug genauso wenig voran wie einer ohne Hand am richtigen Fahrstraßenhebel. Auch auf der anderen Seite sehen die Verhältnisse ungewöhnlich aus: Die Deutsche Bahn befürwortet den angestrebten Branchentarifvertrag und möchte in diesem möglichst genau ihr eigenes Lohnniveau festgelegt sehen, ist sich mit den Gewerkschaften also geradezu einig; trotzdem wird sie, weil sie eben das Netz kontrolliert, in erster Linie bestreikt.
Es geht um mehr als um mehr Lohn. Es wird sogar das ganz große Rad gedreht; die Diskussion, ob die unterschiedlichen Entgelthöhen bei der DB und ihren verschiedenen, vor allem in Regionalverkehr aktiven Konkurrentinnen eingeebnet oder in irgend einer Form beibehalten werden sollen, eskaliert mit diesem Streik.
Für beide Optionen gibt es Argumente: eine Angleichung der Löhne würde es unmöglich machen, Ausschreibungen im Nahverkehr durch Antreten mit niedrig bezahltem Personal zu gewinnen; auf der anderen Seite würde sie der DB einen Vorteil zuschanzen, den sie vielleicht nicht verdient hat. Es ist auch denkbar, dass die Bedienung bestimmter Strecken eingestellt werden muss, wenn dort höhere Löhne fällig werden; mangels Einsicht in gängige Verkehrsverträge kann ich jedoch nicht beurteilen, ob dies eine realistische Befürchtung ist.
Ich persönlich tendiere zum gewerkschaftlichen Standpunkt. Auch ein Branchentarifvertrag mit vollständiger Angleichung der Löhne würde der DB höchstens temporär Luft verschaffen, da diese so oder so unterproduktiv ist. Er könnte als Schrittmacher für die weitere Abflachung der DB-Hierarchien dienen und beispielsweise die Einrichtung neuer »RegioNetze«, also wie mittelständische Privatbahnen agierende DB-Untereinheiten, forcieren. Vielleicht könnte er auch Anreize dafür bieten, Verkehrsverträge mit mehr unternehmerischen Komponenten auszugestalten, so dass die Bahnen stärker am eigenen Erfolg im bestellten Nahverkehr profitieren können - schlimmstenfalls werden DB und Privatbahnen mit einer Stimme nach Erhöhungen der Verbundfahrpreise und Nachverhandlungen der Verträge schreien. Es bleibt wie immer spannend.
Interessanterweise signalisiert die DB dieser Tage auch, dass sie beabsichtigt, mehr bestellten beziehungsweise bezuschussten Fernverkehr anzubieten. Das ist eine wirklich schlechte Nachricht; es geht ganz offenbar darum, die bereits in den Fahrplänen eingestellten Züge der Konkurrenz von Locomore, und wer da noch so alles mitspielt, mit staatlicher Hilfe an die Wand zu drücken, und sich Quasimonopolisten-Dienste bezahlen zu lassen statt sich auf denselben Strecken dem Wettbewerb, sei er nun direkt oder ein Ausschreibungswettbewerb, zu stellen.
Bild: Amanda Slater (»amanndabhslater«) bei Flickr (Details und Lizenz)
Anders als vor drei Jahren geht der Streik diesmal nicht in erster Linie vom Führerstand aus, sondern vom Strecken- und Servicepersonal, da die Fahrpersonalgewerkschaft GdL diesmal nicht aufruft. Das Ergebnis wird aber bei hinreichender Beteiligung kein anderes sein: Ohne Hand am Zugkraftsteller kommt ein Zug genauso wenig voran wie einer ohne Hand am richtigen Fahrstraßenhebel. Auch auf der anderen Seite sehen die Verhältnisse ungewöhnlich aus: Die Deutsche Bahn befürwortet den angestrebten Branchentarifvertrag und möchte in diesem möglichst genau ihr eigenes Lohnniveau festgelegt sehen, ist sich mit den Gewerkschaften also geradezu einig; trotzdem wird sie, weil sie eben das Netz kontrolliert, in erster Linie bestreikt.
Es geht um mehr als um mehr Lohn. Es wird sogar das ganz große Rad gedreht; die Diskussion, ob die unterschiedlichen Entgelthöhen bei der DB und ihren verschiedenen, vor allem in Regionalverkehr aktiven Konkurrentinnen eingeebnet oder in irgend einer Form beibehalten werden sollen, eskaliert mit diesem Streik.
Für beide Optionen gibt es Argumente: eine Angleichung der Löhne würde es unmöglich machen, Ausschreibungen im Nahverkehr durch Antreten mit niedrig bezahltem Personal zu gewinnen; auf der anderen Seite würde sie der DB einen Vorteil zuschanzen, den sie vielleicht nicht verdient hat. Es ist auch denkbar, dass die Bedienung bestimmter Strecken eingestellt werden muss, wenn dort höhere Löhne fällig werden; mangels Einsicht in gängige Verkehrsverträge kann ich jedoch nicht beurteilen, ob dies eine realistische Befürchtung ist.
Ich persönlich tendiere zum gewerkschaftlichen Standpunkt. Auch ein Branchentarifvertrag mit vollständiger Angleichung der Löhne würde der DB höchstens temporär Luft verschaffen, da diese so oder so unterproduktiv ist. Er könnte als Schrittmacher für die weitere Abflachung der DB-Hierarchien dienen und beispielsweise die Einrichtung neuer »RegioNetze«, also wie mittelständische Privatbahnen agierende DB-Untereinheiten, forcieren. Vielleicht könnte er auch Anreize dafür bieten, Verkehrsverträge mit mehr unternehmerischen Komponenten auszugestalten, so dass die Bahnen stärker am eigenen Erfolg im bestellten Nahverkehr profitieren können - schlimmstenfalls werden DB und Privatbahnen mit einer Stimme nach Erhöhungen der Verbundfahrpreise und Nachverhandlungen der Verträge schreien. Es bleibt wie immer spannend.
Interessanterweise signalisiert die DB dieser Tage auch, dass sie beabsichtigt, mehr bestellten beziehungsweise bezuschussten Fernverkehr anzubieten. Das ist eine wirklich schlechte Nachricht; es geht ganz offenbar darum, die bereits in den Fahrplänen eingestellten Züge der Konkurrenz von Locomore, und wer da noch so alles mitspielt, mit staatlicher Hilfe an die Wand zu drücken, und sich Quasimonopolisten-Dienste bezahlen zu lassen statt sich auf denselben Strecken dem Wettbewerb, sei er nun direkt oder ein Ausschreibungswettbewerb, zu stellen.
Bild: Amanda Slater (»amanndabhslater«) bei Flickr (Details und Lizenz)
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