Freitag, 13. März 2009

87: Von drüben rüber

Eisenbahnlinien laufen längs und quer durch die Kontinente: Das ist bekannt und berühmt. Es gibt die Transsibirische Eisenbahn (die ja eigentlich ein ganzes Bündel von Strecken darstellt) und mehrere transasiatische Strecken, diverse Ost-West-Linien in Nord- und Mittelamerika, eine Ost-West- und eine Nord-Süd-Strecke in Australien - und natürlich genügend Möglichkeiten, das kleine Europa in allerlei Richtungen zu durchqueren. In Südamerika gibt es immerhin eine Güterzugverbindung von Osten nach Westen; nur in Afrika scheint es effektiv keine Transkontinentalbahn zu geben.

Aber um Bahnen durch die Kontinente soll es heute gar nicht gehen, sondern um solche, die sie verbinden. Da tut sich nämlich derzeit einiges, und vielleicht in Zukunft noch mehr.

Europa-Asien: Seit 2004 laufen in Istanbul die Bauarbeiten (Bild) für eine S-Bahn-Stammstrecke, deren Herzstück ein neuer zweigleisiger Bahntunnel unter dem Bosporus darstellt. Das Projekt hört auf den Namen »Marmaray« und ist etwa zweieinhalb Milliarden Euro schwer. Auch wenn es hauptsächlich dem Nahverkehr der Stadt dienen soll, wird der Tunnel ausdrücklich auch Güterzüge zwischen Europa und Asien aufzunehmen, wohl vor allem nachts. Bisher gab es über den Bosporus nur Straßenbrücken. Ob es in Zukunft Fernzüge durch den Marmaray-Tunnel geben wird, bleibt abzuwarten.

Europa-Afrika: 2007 wurde bekannt, dass Marokko bereits 30 Millionen Dollar für die Vorerkundung eines Eisenbahntunnels nach Spanien ausgegeben hat, wie er seit Dezember 2003 fest geplant wird. Die 40 Kilometer lange, normalspurige Verbindung mit zwei eingleisigen Röhren und einem Servicetunnel soll weitgehend dem Vorbild des Tunnels unter dem Ärmelkanal folgen und steht in Zusammenhang mit marokkanischen Überlegungen, ein eigenes Hochgeschwindigkeitsnetz aufzubauen.

Asien-Amerika: Zuletzt 1905 ernsthaft in Erwägung gezogen, gibt es derzeit nur unverbindliche Projekte für eine Verbindung zwischen Russland und Alaska. Der letzte Vorschlag für einen Beringstraßen-Tunnel (»TKM World Link«) möchte auch gleich eine Autobahn, Pipelines und Höchstspannungsleitungen zum Export russischer Wasserkraft mit vorsehen; er kann sich immerhin auf eine Absichtserklärung der russischen Regierung stützen, bis 2030 eine Bahnlinie bis in die Region, wo der Tunnel beginnen würde, zu bauen.

Nordamerika-Südamerika: Es gibt zwar eine klapprige bewegliche Eisenbahnbrücke über den Panamakanal, aber in ganz Mittelamerika keine einzige Bahnstrecke mehr, die eine Landesgrenze überquert. Das kühnste derzeit geplante Nord-Süd-Eisenbahnprojekt in den Amerikas, »FERISTSA«, möchte bisher nur den Anschluss der panamesischen Transkontinentalbahn längs des Kanals an das mexikanische Normalspurnetz sichern, was bereits keine einfache Sache wäre. Die für eine wahrhaft interkontinentale Verbindung wahrscheinlich nötige feste Kanalquerung und der definitiv nötige massive Ausbau des kolumbianischen Eisenbahnnetzes sind noch nicht auf der Rechnung.

Afrika-Asien: Vor einiger Zeit hat der Plan des saudischen Unternehmers Tarek bin Laden für eine Brücke von Dschibuti in den Jemen, hauptsächlich zur besseren Anbindung Afrikas an Mekka, Staub aufgewirbelt. Ob das auf mindestens 14 Milliarden Euro geschätzte Projekt mit sechs Fahrspuren und vier Eisenbahngleisen je realisiert werden wird, steht in den Sternen.

Europa-Amerika: Nicht fehlen darf hier die seit Jahrzehnten immer wieder, wenn auch selten ernsthaft, diskutierte Idee eines Tunnels unter (oder im) Atlantik. Ihre Popularität verdankt sie wohl hauptsächlich Bernhard Kellermanns Millionenbestseller »Der Tunnel« (1913), einem durchaus spannenden Werk, das allerdings in seiner Verherrlichung des massenhaften Todes von Arbeitern als Fallen auf dem Felde des Fortschritts, in seinem Schwulst und in seinem Antisemitismus doch mindestens so sehr Kind seiner Zeit ist wie in seiner Begeisterung für kreiselstabilisierte Einschienenbahnen ... aber um die soll es nächstes Mal gehen.

Bild: Henri Bergius bei Flickr (Details und Lizenz)

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