Von Hanau nach Würzburg sind es gut 110 Bahnkilometer, und doch braucht der Regionalexpress für die Strecke fast anderthalb Stunden. (Der Intercity ist schneller, aber der biegt auch hinter Gemünden auf die Schnellfahrstrecke ab.) Wer, wie ich gestern und heute, die Strecke befährt, wundert sich vor allem über die trotz Bespannung mit einer 4200 Kilowatt starken Drehstromlokomotive sehr gemütliche Fahrweise oben im Mittelgebirge. Auf der sogenannten »Spessartrampe«, die wie die gesamte Strecke aus den 1850er Jahren datiert, wird es nämlich richtig steil, teilweise über zwei Prozent, und für die Eisenbahn ist das bereits ein ehrfurchtgebietender Wert. Am Scheitelpunkt, im Schwarzkopftunnel, reduziert sich die Fahrgeschwindigkeit auf 70 km/h.
Das Problem sind aber weniger die Fahrzeiten im Regionalexpress als der Umstand, den es bereitet, schwere Güterzüge über die Kuppe zu bekommen. In Laufach stehen anscheinend ziemlich unmotiviert große sechsachsige Loks herum, die tatsächlich die Aufgabe haben, bei solchen Zügen nachzuhelfen. (Da die DB sich weigert, fremde Züge zu schieben, steht irgendwo auch noch eine museale, himmelblau gestrichene Lokomotive der Mittelweserbahn. Die kann allerdings jeder mieten.) Technisch spannend ist dabei, dass die Schiebelokomotiven nicht herkömmlich per Zughaken mit dem zu schiebenden Zug gekuppelt werden, sondern nur Pufferkontakt halten, was ausschließlich Sache von Gefühl und Können der Schiebelokführerin ist.
In den alten Zeiten, in denen solche »Schiefen Ebenen«, wie man sie nannte, geplant wurden, hatte man wohl häufig noch die Ursprungskonzeption im Kopf, die Züge mit ortsfesten Dampfwinden möglichst steile Rampen hinaufzuziehen und sie in der Ebene mit Pferden zu befördern. Damals waren schließlich nicht nur die Lokomotiven wesentlich schwächer, sondern auch das Vertrauen in die Haftreibung von Stahlrädern auf Stahlschienen noch nicht sehr entwickelt.
Es gibt jedenfalls in Deutschland diverse Rampen, wo auch heute noch Schiebedienste gebraucht werden. Im Frankenwald zwischen Saalfeld und Lichtenfels sowie zwischen Hof und Bamberg gibt es Schiebeabschnitte, aber auch auf der Schwäbischen Alb (»Geislinger Steige«).
Das Prellblog wäre aber nicht das Prellblog, wenn es nicht mit Freuden verzeichnen würde, dass auch für die letzten verbleibenden Verkehrshindernisse dieser Art die Uhr tickt. Im Spessart wird bereits seit längerer Zeit gebohrt und vermessen, um die Rampe durch eine Flachstrecke mit diversen Tunnels zu ersetzen, die dann durchgängig mit etwa 140 km/h befahrbar sein wird. Fertig werden soll das Ganze zirka 2015, und die Kosten betragen etwa eine Drittelmilliarde Euro.
2 Kommentare:
Wäre jetzt die Frage ob die 3/4 Milliarde wirtschaftlich wirklich sinnvoll sind nur um den Zug schneller zu befördern.
Abgesehen davon, dass eine Drittelmilliarde etwas anderes als eine Dreiviertelmilliarde und in Deutschland normalerweise keine Infrastrukturmaßnahmen realisiert werden, die nicht nach einem genormten Bewertungsverfahren ein Kosten-Nutzen-Verhältnis größer 1 haben: Um die höhere Geschwindigkeit geht es weniger als um die Kapazitätssteigerung. Das Netzwerk Privatbahnen nennt die Spessartstrecke in seiner Stellungnahme vom 21.01.2008 "den zukünftig einzigen behinderungsfreien (durchgehend zweigleisig, keine
Nachtruhe) und voll güterzugtauglichen Weg in Richtung Süddeutschland und Südosteuropa".
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