66: Da ist Musik drin
Seit 1996 findet alle zwei Jahre in Berlin die InnoTrans statt, die mittlerweile weltgrößte Fachmesse für Eisenbahn und alles, was dazugehört, mithin der Hauptgrund dafür, warum das Berliner Messegelände umfangreiche Gleisanlagen hat. Dieses Wochenende ist es mal wieder so weit, und mir blutet das Herz, dass ich zu den Publikumstagen nicht kommen können werde, weil ich für meine zweite Magisterklausur lernen muss.
Dennoch sei ein bisschen etwas zur diesjährigen InnoTrans gesagt.
Das letzte und bisher einzige Mal (2006 war ich in Québec unabkömmlich) war ich 2004 dort, und obwohl erst vier Jahre her, hat sich die Messe seitdem stark vergrößert. Die Länge der Gleisanlagen hat sich auf 3500 Meter fast verdoppelt und es werden 91 Fahrzeuge ausgestellt sein, es sind wieder mehrere hundert Aussteller dazugekommen, die Leitmesse der internationalen Eisenbahnbranche brummt also.
Das liegt hauptsächlich daran, dass es der ganzen Branche richtig gut geht. Binnen zwei Jahren hat sich der weltweite Jahresumsatz mit Bahntechnik um ein Viertel auf etwa 125 Milliarden Euro gesteigert, von denen wiederum etwa ein Zehntel in Deutschland anfallen werden. Die Auftragsbücher lassen sich nur noch mit Mühe schließen, angeblich werden händeringend 1200 Ingenieure gesucht, das Jahr 2008 wird wieder sämtliche Auftrags- und Umsatzrekorde brechen.
Was die bisherigen Nachrichten so hergeben:
- Das große Geld kommt aus China, Indien und Russland. Aber auch der traditionell als nicht gerade hochdynamische deutsche Bahnmarkt gibt mittlerweile wieder einiges her: Voith hat der DB für eine flockige Viertelmilliarde Euro 130 Stück seiner mittelschweren Diesellok Gravita (an deren erstem Exemplar noch nicht einmal der schwarze Lack des Betreibers MRCE Dispolok trocken ist) verkauft, womit sich eine seit zirka zehn Jahren in der Luft hängende Beschaffungsfrage gelöst hat. Man rechnet auch damit, dass bei den ebenfalls mehrfach vertagten Beschaffungen von Streckendieselloks und neuen Intercity-Zügen demnächst der Knoten platzt. (Natürlich kauft nicht nur die DB jede Menge neues Material. Auch zum Beispiel die Nordwestbahn, die die Bremer Regio-S-Bahn betreiben wird, kauft in großem Stil ein. Und für Frankfurt und Berlin gibt es jede Menge neue Straßen- und Stadtbahnfahrzeuge.)
- Es ist entgegen Pressebehauptungen noch nicht entschieden, welches Zugkonzept die neuen DB-Intercitys haben sollen. Auch der Railjet hat ganz explizit noch Chancen. Dabei sollen Züge speziell für IC-Verkehre und nicht mit ICE-Ausstattung beschafft werden. Die üblichen Verdächtigen waren ja selbstverständlich davon ausgegangen, dass die DB unter der Hand die vollständige Abschaffung des IC plant, aber das ist derzeit nicht belegbar.
- Der Markt bleibt in Bewegung: Mit Crotram und Solaris drängen osteuropäische Hersteller neu in den Straßenbahnmarkt, und Kawasaki will in Zukunft auch in Europa Hochgeschwindigkeitszüge verkaufen. Die Experten orakeln herum, ob die großen integrierten Bahntechnikkonzerne oder eher die mittelständischen Zulieferer die großen Gewinner des Bahnbooms sein werden - die einen sehen den Vorsprung der Großen bröckeln, die anderen bald eine neue Konsolidierungswelle rollen. Wenn man Vergleiche zur Automobilindustrie zieht oder schaut, welchen Aufstieg der ehemalige Branchenzwerg Stadler hingelegt hat, scheint mir eher der Mittelstand die Nase vorn zu haben. Es bleibt jedenfalls spannend.
Hoffentlich schaffe ich es 2010 nach Berlin, dieses Jahr gibt es wie gesagt andere Prioritäten. Aber wer weiß, vielleicht liest ja jemand mit, die oder der die InnoTrans am Wochenende beehrt und einen Gastartikel darüber schreiben möchte?
Bild: Mike Powell (»lemoncat1«) bei Flickr (Details und Lizenz)
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