50: Arbeitsteilung
Aus akutem Inspirationsmangel habe ich beschlossen, die heutige Ausgabe einmal einer kleinen Übersicht über die verschiedenen Akteure im Nahverkehr zu widmen. Erfahrungsgemäß herrscht da nämlich oftmals Verwirrung.
Was Nahverkehr auf der Schiene ist, habe ich im Prellblog 33 bereits ausführlich besprochen. Wie er organisiert ist, ist eine andere Baustelle. Das Geld kommt als Regionalisierungsmittel vom Bund an die Länder, aber diese haben verschiedene Wege gewählt, mit diesem Geld Verkehre zu organisieren. Der Schienenpersonennahverkehr reiht sich somit ein in die große deutsche Tradition heterogener, untereinander nicht deckungsgleicher, teils von oben und teils von unten geschaffener föderaler Selbstverwaltungsgebilde. Zusammen arbeiten sie alle in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr (BAG-SPNV). Und hier sind sie nun alle:
- Baden-Württemberg: 3-Löwen-Takt (Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg), Verkehrsverbund Rhein-Neckar, Verband Region Stuttgart
- Bayern: Bayerische Eisenbahngesellschaft
- Berlin/Brandenburg: Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg
- Bremen: Der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa
- Hamburg: Hamburger Verkehrsverbund
- Hessen: Nordhessischer VerkehrsVerbund, Rhein-Main-Verkehrsverbund, Verkehrsverbund Rhein-Neckar
- Mecklenburg-Vorpommern: Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen: Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen, Zweckverband Großraum Braunschweig, Region Hannover
- Nordrhein-Westfalen: Zweckverband Nahverkehr Rheinland, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe
- Rheinland-Pfalz: der-takt.de (Zweckverbände Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd und Nord), Verkehrsverbund Rhein-Neckar
- Saarland: Verkehrsmanagement-Gesellschaft Saar
- Sachsen: Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig, Verkehrsverbund Mittelsachsen, Verkehrsverbund Oberelbe, Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien,Verkehrsverbund Vogtland
- Sachsen-Anhalt: Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein: Landesweite Verkehrsservicegesellschaft Schleswig-Holstein
- Thüringen: Nahverkehrsservicegesellschaft Thüringen
Dass zur Vergabe selber verschieden »harte« Verfahren bestehen, von der völlig freihändigen Vergabe (de facto immer an die DB) über die Vergabe nach vorherigem Angebotsvergleich bis hin zur europaweiten Ausschreibung mit mehr oder minder auf einen Lieblingsanbieter hin zugeschnittenen Kriterien, sollte noch erwähnt werden. Zudem gibt es verschiedene Vertragsmodelle, die darüber entscheiden, wie genau die Einnahmen unter den Akteuren aufgeteilt werden; das hatte ich in Prellblog 24 gestreift.
Die Komplexität des Ganzen nimmt noch weiter zu, wenn man berücksichtigt, dass die Bundesländer, an diversen Eisenbahnunternehmen beteiligt sind, beispielsweise an der Hamburger Hochbahn oder Hessischen Landesbahn. Damit ist es möglich, dass ein Land bei Ausschreibungen indirekt auf beiden Seiten auftaucht. Wo Verkehrsverbünde Aufgabenträger sind, haben auch die eventuell beteiligten Kommunen ein Wörtchen mitzureden; diese können wiederum ebenfalls Beteiligungen an Eisenbahnen haben. Mit dem absehbaren Verkauf vieler Landes- und Kommunalbeteiligungen an erfolgreichen mittelständischen Bahnen wird sich dieses Feld vielleicht zukünftig ein wenig lichten; andererseits liebäugeln durchaus manche Stadtwerke mit dem Einstieg in den Schienenverkehr.
Natürlich gibt es noch ganz andere Akteure im Nahverkehrsgeschehen, zum Beispiel die durchaus mächtigen studentischen Gremien, die Verhandlungen über Semestertickets führen, oder analog Großfirmen oder Firmenverbände, die Jobtickets aushandeln; dann natürlich die Fahrgastverbände wie der VCD oder PRO BAHN; und der Verband deutscher Verkehrsunternehmen VDV als Interessenvereinigung der Anbieterseite.
Bild: Eigene Aufnahme
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