45: Strom oder Selters
Alle Züge, die nicht elektrisch fahren, sind dieselgetrieben. Verschwindend wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.
In einer Lokomotive oder einem Triebwagen ohne Dachbügel gibt es also einen Motor, Tank, Kühler, Turbolader und solche Dinge, ähnlich wie auch bei großen Straßenfahrzeugen. Die Abweichungen liegen dabei eher im Detail - Dieseltriebwagen haben oft einen eigenen Heizöltank für die Warmwasserheizung, mehr als einen Motor, und die Kühlluft wird nicht an der Nase, sondern an der Seite oder auf dem Dach angesaugt.
Der große Unterschied kommt dort, wo die Kraft vom Motor auf die Radsätze übertragen wird. Mit einem mechanischen Zahnradgetriebe mit Schaltknüppel oder auch einem Automatikgetriebe kommt man nicht sehr weit - größere Automatiken wie bei Stadtbussen können zwar kleinere Nahverkehrstriebwagen noch antreiben, aber darüber wird die Luft auch schon dünn.
Ab einer bestimmten Leistungsklasse wird daher bei Dieseltriebfahrzeugen nicht mehr mit direkter Kraftübertragung gearbeitet.
Die weltweit populärste Lösung ist es, den Dieselmotor einen Generator antreiben zu lassen und diesen an elektrische Fahrmotoren anzuschließen. Man nennt das dieselelektrischen Antrieb. Das ist zwar nicht unbedingt gewichtssparend und auch der Wirkungsgrad ist verbesserungsfähig, aber, insbesondere mit moderner Leistungselektronik, alles in allem ziemlich akzeptabel. Insbesondere kann man bei intelligenter Planung so auf einer und derselben Plattform sowohl elektrische als auch Diesellokomotiven bauen, und so gibt es von den drei großen europäischen Lokomotivfamilien Alstom PRIMA, Bombardier TRAXX und Siemens EuroSprinter mittlerweile Dieselversionen, die sich auch einigermaßen gut verkaufen. In Nordamerika ist schon immer so ziemlich alles dieselelektrisch, aber dort gelten für den Lokomotivbau ohnehin andere Gesetze.
Das Konkurrenzkonzept basiert nicht auf elektrischem Strom, sondern auf strömender Flüssigkeit, und ist etwas schwieriger zu umschreiben. Letztlich hat es schon damit zu tun, dass ein »Generator« (also eine Pumpe) und ein »Motor« (also eine Turbine) durch einen »Stromkreis« verbunden sind, aber einfach nur ein Pumprad und ein Turbinenrad in einem Ölbad rotieren zu lassen ergibt eine Kupplung und kein Getriebe. Da muss noch ein Leitrad dazwischen, das Ganze wird in mehreren Stufen hintereinandergeschaltet und elektronisch gesteuert, am Ende hat man in der Mitte der Lok einen großen, typischerweise in Heidenheim an der Brenz hergestellten Kasten, in den auf der einen Seite eine schnelldrehende Antriebswelle vom Dieselmotor hineingeht und unten zwei stufenlos und gegebenenfalls getrennt geregelte Gelenkwellen zu den Triebdrehgestellen herauskommen.
Man nennt das dieselhydraulischen Antrieb, der Wirkungsgrad ist etwas besser, man spart sich eine Menge Extragewicht, ist aber durch die strömungsdynamischen Getriebe in der Leistung etwas eingeschränkt.
Trotzdem tobt der Kampf ungehindert weiter: Mit dem Bau der Voith Maxima ist mittlerweile der angedeutete Heidenheimer Getriebehersteller unter die Lokproduzenten gegangen und bringt 3600 kW per Hydrodynamik an die Schiene. Die mit dieselhydraulischen Lokomotiven im Bereich bis 2700 kW erfolgreiche Kieler Firma Vossloh dagegen hat ein Werk in Spanien gekauft und sich mit der nordamerikanischen EMD zusammengetan, um für größere Leistungen auf Elektroübertragung zu setzen.
Bei Triebzügen konkurrieren ebenfalls beide Bauarten. Es wird so schnell nicht langweilig werden.
Bild: Brandon Jon Morley (»BRail RailFreight Ltd«) bei Flickr (Details und Lizenz)
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