153: Im Herzen die Power
Auch wenn mir nach wie vor nicht klar ist, inwiefern es da einen technischen Kausalzusammenhang geben soll: das japanische Reaktorunglück wirft in vielen Industriestaaten die Pläne für den weiteren Umgang mit der Kernkraft, die de facto seit ca. 1990 ohnehin eher eine Auslauftechnik ist, über den Haufen. Es könnte letztlich, so wie es im Moment aussieht, sogar den etwas ins Stocken gekommenen Ausstieg Deutschlands aus der Kernkraft wieder beschleunigen. Mich macht das nicht unglücklich, ganz im Gegenteil, und es beschert mir ein Thema für ein hochaktuelles Prellblog.
In der Presse wird nämlich seit den einschlägigen Äußerungen und Beschlussfassungen der Regierung diskutiert, welche Auswirkungen ein schnellerer Atomausstieg auf die Eisenbahn haben könnte. Auch hier werden DB und Eisenbahn wieder gleichgesetzt, aber durchaus zu Recht: Genauso wie der größte Teil des deutschen Eisenbahnnetzes ist auch das Bahnstromnetz in der Hand der DB, und die meisten Eisenbahnen fahren mit Strom von DB Energie. Es ist zwar mittlerweile juristisch besiegelt, dass auch das Bahnstromnetz ein Stromnetz ist wie alle anderen und DB Energie nötigenfalls verpflichtet ist, fremden Strom an fremde Verbraucher (also fremde Fahrzeuge) durchzuleiten, aber meines Wissens macht das außer der Güterbahn Rail4Chem bisher niemand.
Dieses Bahnstromnetz jedenfalls wird aus historischen Gründen mit einer anderen Frequenz (16,7 Hertz) betrieben als das »normale« Verbundnetz und führt außerdem keinen Drehstrom, sondern Zweiphasen-Wechselstrom. Teilweise gibt es eigene Bahnstrom-Kraftwerke beziehungsweise in manchen Kraftwerken Bahnstrom-Generatoren; ansonsten gibt es Umformer- beziehungsweise Umrichterwerke, die mit motorgetriebenen Generatoren oder mit großkalibriger Leistungselektronik aus dem handelsüblichen Drehstrom Bahnstrom herstellen. Die Stromversorgung der Eisenbahn ist also nicht ganz transparent zur allgemeinen Stromversorgung.
Dediziert für die DB produzierter Atomstrom kommt aus dem Kraftwerk Neckarwestheim, und auch auf dem allgemeinen Strommarkt kauft DB Energie jede Menge Strom aus Kernkraft ein. Daher hat sich das Unternehmen jetzt Kritik unter anderem von Greenpeace eingefangen, die eine zu hohe Bedeutung von Atomstrom im Bahnverkehr bemängeln. Man muss hierzu allerdings festhalten, dass auch vor dem Unfall in Fukushima bereits hiergegen protestiert wurde.
Die DB wiederum hält dagegen, dass der Anteil von »Ökostrom« an ihrer Stromabnahme bereits größer sei als im Bundesdurchschnitt, mit einem ambitionierten Steigerungsziel. Und in der Tat gibt es mittlerweile Lieferverträge zwischen DB Energie und Großwindparks, und ein kommendes, besonders als Regelkraftwerk für die Unregelmäßigkeiten der Windkraft ersehntes Gaskraftwerk in Bremen wird ebenfalls über ein Drittel seiner Leistung dauerhaft an die DB liefern. Die Ziele, die sich der Konzern zur Reduktion seines Kohlendioxidausstoßes gesetzt hat, sind auch ohne eine Umstrukturierung des eigenen Kraftwerksparks und des Stromeinkaufs nicht zu erreichen, und derzeit spricht nichts dagegen, anzunehmen, dass diese Strategie auch weiter umgesetzt wird.
Dass der DB derzeit ihre Nutzung von Atomkraft vorgeworfen wird, fällt meines Erachtens unter dasselbe Muster wie die Verachtung, die viele dafür empfinden, dass der Konzern Fernbusse, Straßen- und Luftfrachtverkehr betreibt, Autos vermietet sowie aufgegebenes und Haus-zu-Haus-Gepäck auf der Straße transportiert. »Eisenbahn« hat für manche den Stellenwert des »ganz Anderen« im Verkehr: Eisenbahn muss rein und unangetastet von allem sein, was ökologisch fragwürdig ist. Natürlich darf die DB und darf auch kein anderes Schienenverkehrsunternehmen aus der Pflicht entlassen werden, am ökologischen Umbau der Stromversorgung mitzuwirken. Aber ausgerechnet deswegen, weil ein Verkehrsträger ohnehin schon umweltfreundlicher und energieeffizienter ist als andere, von diesem nochmals höhere Anstrengungen zu mehr Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz zu verlangen als von diesen anderen, gehorcht keiner Logik.
Die Straßenbahn in Kassel fährt übrigens seit 2007 nur noch mit »Ökostrom«, da die Stadtwerke Kassel gar keinen anderen Strom mehr liefern. Dieses Modell würde ich mir langfristig auch für die DB und alle anderen elektrischen Bahnen wünschen.
Bild: Bev Sykes (»basykes«) bei Flickr (Details und Lizenz)
In der Presse wird nämlich seit den einschlägigen Äußerungen und Beschlussfassungen der Regierung diskutiert, welche Auswirkungen ein schnellerer Atomausstieg auf die Eisenbahn haben könnte. Auch hier werden DB und Eisenbahn wieder gleichgesetzt, aber durchaus zu Recht: Genauso wie der größte Teil des deutschen Eisenbahnnetzes ist auch das Bahnstromnetz in der Hand der DB, und die meisten Eisenbahnen fahren mit Strom von DB Energie. Es ist zwar mittlerweile juristisch besiegelt, dass auch das Bahnstromnetz ein Stromnetz ist wie alle anderen und DB Energie nötigenfalls verpflichtet ist, fremden Strom an fremde Verbraucher (also fremde Fahrzeuge) durchzuleiten, aber meines Wissens macht das außer der Güterbahn Rail4Chem bisher niemand.
Dieses Bahnstromnetz jedenfalls wird aus historischen Gründen mit einer anderen Frequenz (16,7 Hertz) betrieben als das »normale« Verbundnetz und führt außerdem keinen Drehstrom, sondern Zweiphasen-Wechselstrom. Teilweise gibt es eigene Bahnstrom-Kraftwerke beziehungsweise in manchen Kraftwerken Bahnstrom-Generatoren; ansonsten gibt es Umformer- beziehungsweise Umrichterwerke, die mit motorgetriebenen Generatoren oder mit großkalibriger Leistungselektronik aus dem handelsüblichen Drehstrom Bahnstrom herstellen. Die Stromversorgung der Eisenbahn ist also nicht ganz transparent zur allgemeinen Stromversorgung.
Dediziert für die DB produzierter Atomstrom kommt aus dem Kraftwerk Neckarwestheim, und auch auf dem allgemeinen Strommarkt kauft DB Energie jede Menge Strom aus Kernkraft ein. Daher hat sich das Unternehmen jetzt Kritik unter anderem von Greenpeace eingefangen, die eine zu hohe Bedeutung von Atomstrom im Bahnverkehr bemängeln. Man muss hierzu allerdings festhalten, dass auch vor dem Unfall in Fukushima bereits hiergegen protestiert wurde.
Die DB wiederum hält dagegen, dass der Anteil von »Ökostrom« an ihrer Stromabnahme bereits größer sei als im Bundesdurchschnitt, mit einem ambitionierten Steigerungsziel. Und in der Tat gibt es mittlerweile Lieferverträge zwischen DB Energie und Großwindparks, und ein kommendes, besonders als Regelkraftwerk für die Unregelmäßigkeiten der Windkraft ersehntes Gaskraftwerk in Bremen wird ebenfalls über ein Drittel seiner Leistung dauerhaft an die DB liefern. Die Ziele, die sich der Konzern zur Reduktion seines Kohlendioxidausstoßes gesetzt hat, sind auch ohne eine Umstrukturierung des eigenen Kraftwerksparks und des Stromeinkaufs nicht zu erreichen, und derzeit spricht nichts dagegen, anzunehmen, dass diese Strategie auch weiter umgesetzt wird.
Dass der DB derzeit ihre Nutzung von Atomkraft vorgeworfen wird, fällt meines Erachtens unter dasselbe Muster wie die Verachtung, die viele dafür empfinden, dass der Konzern Fernbusse, Straßen- und Luftfrachtverkehr betreibt, Autos vermietet sowie aufgegebenes und Haus-zu-Haus-Gepäck auf der Straße transportiert. »Eisenbahn« hat für manche den Stellenwert des »ganz Anderen« im Verkehr: Eisenbahn muss rein und unangetastet von allem sein, was ökologisch fragwürdig ist. Natürlich darf die DB und darf auch kein anderes Schienenverkehrsunternehmen aus der Pflicht entlassen werden, am ökologischen Umbau der Stromversorgung mitzuwirken. Aber ausgerechnet deswegen, weil ein Verkehrsträger ohnehin schon umweltfreundlicher und energieeffizienter ist als andere, von diesem nochmals höhere Anstrengungen zu mehr Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz zu verlangen als von diesen anderen, gehorcht keiner Logik.
Die Straßenbahn in Kassel fährt übrigens seit 2007 nur noch mit »Ökostrom«, da die Stadtwerke Kassel gar keinen anderen Strom mehr liefern. Dieses Modell würde ich mir langfristig auch für die DB und alle anderen elektrischen Bahnen wünschen.
Bild: Bev Sykes (»basykes«) bei Flickr (Details und Lizenz)
4 Kommentare:
Wie läuft das eigenltich mit der Energierückgewinnung bei den modernen Triebfahrzeugen? Wird da der Strom, der ins Netz zurückgespeist wird einfach von der verbrauchten Strommenge abgezogen?
Rückgespeister Bahnstrom wird von DB Energie für etwas weniger als der Hälfte des Einkaufspreises zurückgenommen (siehe hier. Das geht natürlich nur bei Fahrzeugen, die mit entsprechenden Zähleinrichtungen ausgestattet sind. Da rückgespeister Strom "geringerwertig" ist (er kann nur in einem kleinen Teil des Netzes genutzt werden, weil das Bahnstromnetz nicht darauf eingerichtet ist, rückgespeisten Strom weiträumig zu verteilen, und ich vermute, auch die sonstigen Qualitätsparameter sind suboptimal), ist die Preisspanne verständlich
*Ein*phasen-Wechselstrom :-)
Wieder was gelernt, danke!
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