125: A Series of Tubes
Die Münchner S-Bahn gehört zu den erfolgreichsten Nahverkehrssystemen Europas. Und wie das mit erfolgreichen Verkehrssystemen so ist, fordert der Erfolg den Ausbau. Der mittlerweile mit aufwändiger Technik auf sehr kurze Zugfolgeabstände ausgelegte Stammstreckentunnel, der das Herz des Netzes bildet, ist nach der Umstellung auf den Zehnminutentakt am Rande seiner Kapazität, München wächst, und nach Erledigung der Transrapid-Pläne wird zu den ohnehin geplanten weiteren Ausbauten auch noch eine Flughafenanbindung größeren Ausmaßes hinzukommen. Ein baulicher Befreiungsschlag ist notwendig, soll die S-Bahn weiterhin ihren messbar erheblichen Beitrag zum Wohlstand Münchens leisten.
Von den verschiedenen Varianten, die hierzu in der Diskussion waren, scheint sich dieser Tage endgültig die teuerste und umstrittenste durchzusetzen: ein zweiter Stammstreckentunnel, der annähernd parallel zum ersten verlaufen soll, allerdings wesentlich tiefer und mit weniger Haltestellen. Der zweite Tunnel soll neue Verbindungen mit wenigen Halten aufnehmen und damit ein Langsam-Schnell-System mit Expresslinien und Lokalzügen, wie man sie von der Fernbahn oder beispielsweise der New Yorker U-Bahn kennt, zu realisieren. Das ist unter anderem deswegen bemerkenswert, weil es bisher als Wesensmerkmal deutscher S-Bahnen galt, grundsätzlich immer überall zu halten, und zeigt an, dass die Münchner S-Bahn immer ein bisschen anders tickt als der Rest, weil sie viele Aufgaben übernimmt, die anderswo nach Straßenbahnrecht verkehrende U-Bahnen oder Stadtbahnen haben. Dazu passt, dass sie das einzige deutsche Bahnsystem ist, in dem in großem Umfang »spanische Lösungen« bestehen, also Züge so halten, dass die Türen an beiden Seiten öffnen können.
In die Debatte darum, ob der Tunnel wirklich sinnvoller oder günstiger ist als die anderen diskutierten Varianten (Nordtunnel oder Südring), will ich mich hier gar nicht verstricken. Spannend werden, sollte es mit dem Tunnel klappen, auf jeden Fall bereits die Detailprobleme - das meines Wissens unter dem Titel »Nukleus« geplante Umsteigebauwerk unter dem Hauptbahnhof, das den vierzig Meter tief liegenden neuen Tunnel mit dem alten, der U-Bahn und der Fernbahn verbinden soll, muss riesige Menschenmengen verkraften können und lässt vermuten, dass dort Rolltreppen von ostblockhafter Länge entstehen werden. Damit es überhaupt entstehen kann, wird der Bahnhof zumindest teilweise abgerissen werden müssen, die Neubaupläne werden jedoch aus verschiedenen Gründen derzeit nicht weiter verfolgt, und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der glänzende neue Tiefbahnhof überdeckt wird mit einem Provisorium von gewaltigen Ausmaßen. Bereits vor Jahren wurde auch davor gewarnt, die durch die neuen Abgänge verkleinerten Bahnsteigflächen in den bestehenden Tiefebenen wären dann gar nicht mehr in der Lage, die Stoßverkehre zu Oktoberfestzeiten zu bewältigen, was bereits heute Schwierigkeiten macht.
So oder so bleibt es teuer, langwierig und spannend - alles also wie immer. Frühestens etwa 2020 werden wir erfahren, wie sich der Tunnel denn macht.
Bild: »kaffeeeinstein« bei Flickr (Details und Lizenz)
Von den verschiedenen Varianten, die hierzu in der Diskussion waren, scheint sich dieser Tage endgültig die teuerste und umstrittenste durchzusetzen: ein zweiter Stammstreckentunnel, der annähernd parallel zum ersten verlaufen soll, allerdings wesentlich tiefer und mit weniger Haltestellen. Der zweite Tunnel soll neue Verbindungen mit wenigen Halten aufnehmen und damit ein Langsam-Schnell-System mit Expresslinien und Lokalzügen, wie man sie von der Fernbahn oder beispielsweise der New Yorker U-Bahn kennt, zu realisieren. Das ist unter anderem deswegen bemerkenswert, weil es bisher als Wesensmerkmal deutscher S-Bahnen galt, grundsätzlich immer überall zu halten, und zeigt an, dass die Münchner S-Bahn immer ein bisschen anders tickt als der Rest, weil sie viele Aufgaben übernimmt, die anderswo nach Straßenbahnrecht verkehrende U-Bahnen oder Stadtbahnen haben. Dazu passt, dass sie das einzige deutsche Bahnsystem ist, in dem in großem Umfang »spanische Lösungen« bestehen, also Züge so halten, dass die Türen an beiden Seiten öffnen können.
In die Debatte darum, ob der Tunnel wirklich sinnvoller oder günstiger ist als die anderen diskutierten Varianten (Nordtunnel oder Südring), will ich mich hier gar nicht verstricken. Spannend werden, sollte es mit dem Tunnel klappen, auf jeden Fall bereits die Detailprobleme - das meines Wissens unter dem Titel »Nukleus« geplante Umsteigebauwerk unter dem Hauptbahnhof, das den vierzig Meter tief liegenden neuen Tunnel mit dem alten, der U-Bahn und der Fernbahn verbinden soll, muss riesige Menschenmengen verkraften können und lässt vermuten, dass dort Rolltreppen von ostblockhafter Länge entstehen werden. Damit es überhaupt entstehen kann, wird der Bahnhof zumindest teilweise abgerissen werden müssen, die Neubaupläne werden jedoch aus verschiedenen Gründen derzeit nicht weiter verfolgt, und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der glänzende neue Tiefbahnhof überdeckt wird mit einem Provisorium von gewaltigen Ausmaßen. Bereits vor Jahren wurde auch davor gewarnt, die durch die neuen Abgänge verkleinerten Bahnsteigflächen in den bestehenden Tiefebenen wären dann gar nicht mehr in der Lage, die Stoßverkehre zu Oktoberfestzeiten zu bewältigen, was bereits heute Schwierigkeiten macht.
So oder so bleibt es teuer, langwierig und spannend - alles also wie immer. Frühestens etwa 2020 werden wir erfahren, wie sich der Tunnel denn macht.
Bild: »kaffeeeinstein« bei Flickr (Details und Lizenz)
2 Kommentare:
Dass die Münchner S-Bahn einen Ausbau braucht, ist klar. Nur verstehe ich die Vorgehensweise nicht so ganz. Zuerst wurde, um den 10-Minuten-Takt zu ermöglichen (welcher nur im Berufsverkehr auf den Innenteilen mancher Streckenäste existiert, also deutlich weniger, als man auf den ersten Blick vermutet), der Tunnel mit LZB ausgerüstet (was die Strecke wohl bei der Eröffnung bereits hatte, was aber wieder entfernt worden war) - aber dafür ein Jahr lang jedes Wochenende den Zugverkehr fast komplett gesperrt, und anschließend statt einer "Entschädigung" für die Fahrgäste eine deutliche Preiserhöhung; und dann konnte der 10-Minuten-Takt doch nicht richtig umgesetzt werden, weil die neuen Triebwagen ein Problem mit der Bremssoftware hatten, das monatelang nicht gelöst werden konnte. Und jetzt baut man doch den Tunnel; teuer und langwierig, aber was sein muss, muss sein. Eigentlich hätte man vor 10 Jahren damit anfangen sollen. Mit den Triebfahrzeugen war es ähnlich; zuletzt waren die 420er so defekt, dass sie bei unzähligen Fahrten auf halber Strecke ausgetauscht werden mussten - auch hier wären die 423er schon 10 Jahre früher gebraucht worden.
Aber zumindest das Konzept der Express-S-Bahn ist cool; um vom Bereich der Endhaltestellen mehr Leute zum Bahnfahren zu bringen, braucht man keinen dichteren Takt (den brauchen nur die Innenbezirke, weil die Züge dort überlastet sind), sondern kürzere Fahrzeiten, und könnte dann sogar darüber nachdenken, manche Linien zu verlängern.
Mich würde Deine Definition von "Erfolg" interessieren.
Unzureichende Bremsen, eingleisige Strecken und unnötige Bauarbeiten sorgen momentan dafür, daß jeder zweite Zug verspätet ist - ärgerlich und teuer, wenn man in andere, pünktlichere Verkehrmittel umsteigen will.
Eine Welle der Gewalt in Bahnhöfen und Fahrzeugen schreckt zahlende Kunden ab, eine erste Klasse wie beispielsweise in Stuttgart gibt es nicht.
Fahrradfahrer werden schikaniert - wie soll man ohne Tricks die S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit benutzen, wenn Fahrradmitnahme in der Hauptverkehrszeit verboten ist ?
Das Schlimmste aber ist das Fehlen einer Ringbahn, der Fahrgast ist fast immer gezwungen, sein Ziel über den Ost- oder Hauptbahnhof zu erreichen.
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