123: Verkehrsbetrieb
Vor genau zwei Jahren schrieb ich im Prellblog 49:
Verkehr ist das, was mit der Nutzwirkung des ganzen Bahnsystems nach außen zu tun hat. Verkehr ist Beförderung von Fahrgästen und Transport von Gütern.
Betrieb dagegen ist alles, was nicht Verkehr ist. Letztlich ist Betrieb dafür da, dass Verkehr stattfinden kann.
Veranschaulichen lässt sich das beispielsweise an Störungsgründen: Verspätet sich ein Zug zehn Minuten, weil er auf Anschlussreisende wartet, ist das eine Verspätung aus verkehrlichen Gründen. Verspätet er sich zehn Minuten, weil die Lokführerin wegen eines Softwareproblems die Lok neu starten muss, ist der Grund betrieblich. Verspätet sich der Zug, weil zunächst die Ausfahrt eines anderen Zuges abgewartet werden muss, muss man wieder differenzieren: Abwarten, weil Weichenverbindungen und Fahrstraßenlogik des Stellwerks dies erzwingen - betrieblich; Abwarten, weil der andere Zug höher priorisiert ist und daher trotz Verspätung vor dem anderen Zug auf die Strecke soll, um nicht noch mehr Verspätungsminuten einzusammeln - verkehrlich.
Die Unterscheidung ist unter anderem deswegen bedeutsam, weil sie klar zeigt, dass alles, was sicherheitsrelevant ist, auf der Betriebsebene liegt (dies gilt wohlgemerkt nicht in allen Eisenbahnsystemen aller Länder!). Das System der Stellwerke und Signale beispielsweise, mit denen betrieblich gesichert wird, dass Züge nicht kollidieren oder entgleisen, ganz gleich wann und wo sie fahren, ist getrennt von dem System der Fahrpläne und Abfertigungen, mit denen verkehrlich geregelt ist, wo und wann Züge fahren sollen. In den Betriebszentralen gibt es daher auch unterschiedliche Arbeitsplätze für die Fahrdienstleiter, die sich um den sicheren Betrieb kümmern, und den Disponenten, die zum Beispiel darüber entscheiden, wann Züge aus Verkehrsgründen außerplanmäßig überholen, warten oder ausfallen. Die Trennung lässt sich auch zumindest in Teilaspekten darin ausmachen, dass der Fahrplan auf dem Führerstand eines Zuges grundsätzlich aus zwei Teilen besteht: einem Heft mit den Betriebsdaten der Strecke (vor allem den zulässigen Geschwindigkeiten) und einem Heft mit den einzuhaltenden Fahrzeiten. (Letzteres enthält allerdings auch technische Daten des Zuges und damit auch betriebliche Angaben, daher die Rede von Teilaspekten.)
Zum Betrieb gehört auch, dass bestimmtes Rollmaterial, also Triebzüge oder Zusammenstellungen von Loks und Wagen, bestimmte Zugverbindungen in bestimmten Reihenfolgen hintereinander realisiert, dass das Material also in bestimmter Weise umläuft. Diese in speziellen Umlaufplänen geregelten Abfolgen berücksichtigen auch, dass zu Beginn eines Umlaufs der Zug erst einmal vom Abstellgleis oder der Werkstatt zur ersten Abfahrts-Zugangsstelle fahren und er am Ende des Umlaufs genauso wieder aufs Abstellgleis oder in die Werkstatt fahren muss; da diese Fahrten keinen verkehrlichen Nutzen haben, heißen sie konsequent auch Betriebsfahrten.
Wenn, wie zum Beispiel bei ICE-Zügen, die Wartung bestimmter Baureihen zwecks höchster Effizienz stark zentralisiert ist, ist die Bildung von Umläufen eine Wissenschaft. Als Fahrgäste braucht uns dies jedoch nicht zu interessieren - uns erreicht lediglich der Fahrplan als die aus dem Wasser des Betriebs tauchenden, verkehrlichen Spitzen der Umlaufplanung. Manchmal allerdings geht das Wasser zurück und der Unterbau wird sichtbar. Dann erleben wir hochgradig gestörte Umläufe aus technischen (also betrieblichen) Gründen wie derzeit im ICE-Verkehr oder bei der Berliner S-Bahn; diese führen wiederum dazu, dass, damit nicht unzumutbar viele Leute nicht befördert werden können (also aus verkehrlichen Gründen), Ersatzzüge eingelegt werden müssen.
Bild: David Ooms bei Flickr (vollständiges Bild, Details und Lizenz)
Man sieht, dass es auch irgendwann Prellblog-Artikel [...] zu der abstrakten, aber wichtigen eisenbahnerischen Unterscheidung zwischen Verkehr und Betrieb wird geben müssen.Zwei Jahre sind eine lange Zeit, aber jetzt soll es so weit sein: Was ist also der abstrakte, aber wichtige eisenbahnerische Unterschied zwischen Verkehr und Betrieb?
Verkehr ist das, was mit der Nutzwirkung des ganzen Bahnsystems nach außen zu tun hat. Verkehr ist Beförderung von Fahrgästen und Transport von Gütern.
Betrieb dagegen ist alles, was nicht Verkehr ist. Letztlich ist Betrieb dafür da, dass Verkehr stattfinden kann.
Veranschaulichen lässt sich das beispielsweise an Störungsgründen: Verspätet sich ein Zug zehn Minuten, weil er auf Anschlussreisende wartet, ist das eine Verspätung aus verkehrlichen Gründen. Verspätet er sich zehn Minuten, weil die Lokführerin wegen eines Softwareproblems die Lok neu starten muss, ist der Grund betrieblich. Verspätet sich der Zug, weil zunächst die Ausfahrt eines anderen Zuges abgewartet werden muss, muss man wieder differenzieren: Abwarten, weil Weichenverbindungen und Fahrstraßenlogik des Stellwerks dies erzwingen - betrieblich; Abwarten, weil der andere Zug höher priorisiert ist und daher trotz Verspätung vor dem anderen Zug auf die Strecke soll, um nicht noch mehr Verspätungsminuten einzusammeln - verkehrlich.
Die Unterscheidung ist unter anderem deswegen bedeutsam, weil sie klar zeigt, dass alles, was sicherheitsrelevant ist, auf der Betriebsebene liegt (dies gilt wohlgemerkt nicht in allen Eisenbahnsystemen aller Länder!). Das System der Stellwerke und Signale beispielsweise, mit denen betrieblich gesichert wird, dass Züge nicht kollidieren oder entgleisen, ganz gleich wann und wo sie fahren, ist getrennt von dem System der Fahrpläne und Abfertigungen, mit denen verkehrlich geregelt ist, wo und wann Züge fahren sollen. In den Betriebszentralen gibt es daher auch unterschiedliche Arbeitsplätze für die Fahrdienstleiter, die sich um den sicheren Betrieb kümmern, und den Disponenten, die zum Beispiel darüber entscheiden, wann Züge aus Verkehrsgründen außerplanmäßig überholen, warten oder ausfallen. Die Trennung lässt sich auch zumindest in Teilaspekten darin ausmachen, dass der Fahrplan auf dem Führerstand eines Zuges grundsätzlich aus zwei Teilen besteht: einem Heft mit den Betriebsdaten der Strecke (vor allem den zulässigen Geschwindigkeiten) und einem Heft mit den einzuhaltenden Fahrzeiten. (Letzteres enthält allerdings auch technische Daten des Zuges und damit auch betriebliche Angaben, daher die Rede von Teilaspekten.)
Zum Betrieb gehört auch, dass bestimmtes Rollmaterial, also Triebzüge oder Zusammenstellungen von Loks und Wagen, bestimmte Zugverbindungen in bestimmten Reihenfolgen hintereinander realisiert, dass das Material also in bestimmter Weise umläuft. Diese in speziellen Umlaufplänen geregelten Abfolgen berücksichtigen auch, dass zu Beginn eines Umlaufs der Zug erst einmal vom Abstellgleis oder der Werkstatt zur ersten Abfahrts-Zugangsstelle fahren und er am Ende des Umlaufs genauso wieder aufs Abstellgleis oder in die Werkstatt fahren muss; da diese Fahrten keinen verkehrlichen Nutzen haben, heißen sie konsequent auch Betriebsfahrten.
Wenn, wie zum Beispiel bei ICE-Zügen, die Wartung bestimmter Baureihen zwecks höchster Effizienz stark zentralisiert ist, ist die Bildung von Umläufen eine Wissenschaft. Als Fahrgäste braucht uns dies jedoch nicht zu interessieren - uns erreicht lediglich der Fahrplan als die aus dem Wasser des Betriebs tauchenden, verkehrlichen Spitzen der Umlaufplanung. Manchmal allerdings geht das Wasser zurück und der Unterbau wird sichtbar. Dann erleben wir hochgradig gestörte Umläufe aus technischen (also betrieblichen) Gründen wie derzeit im ICE-Verkehr oder bei der Berliner S-Bahn; diese führen wiederum dazu, dass, damit nicht unzumutbar viele Leute nicht befördert werden können (also aus verkehrlichen Gründen), Ersatzzüge eingelegt werden müssen.
Bild: David Ooms bei Flickr (vollständiges Bild, Details und Lizenz)
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